Montag, 27. Januar 2020

Anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung aus Auschwitz

In Gedenken ...

 

Als historisches Museum kommt auch der Schulhistorischen Sammlung eine Verantwortung zur Aufklärung und zum Gedenken zu. Heute, am Holocaust-Gedenktag, 75 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, fällt es schwer die richtigen Worte für einen Blogbeitrag zu finden, der sonst eher dazu gedacht ist über unsere Fortschritte zu berichten und Sie mit spannenden Einblicken auf dem Laufenden zu halten.

Was ist der angebrachte Ton? Nüchterne Wissenschaftlichkeit, oder ernste Betroffenheit? Sicher ist Forschung eine nüchterne Sache, man betrachtet Objekte und versucht ihre Geschichte möglichst neutral zu rekonstruieren und zu vermitteln, aber in diesem Fall geht es um die Opfer und die Erinnerung an sie. Nüchtern über dieses Thema zu schreiben halte wir persönlich nicht für angebracht. Was die Befreier von Auschwitz vor 75 Jahren vorfanden, muss unbegreiflich gewesen sein. Bis zu diesem Tag wurden in dem Konzentrationslager mehr als 1,1 Millionen Menschen ermordet. Sie starben in Gaskammern, an Krankheiten, wurden durch Arbeit zu Tode geschunden, oder fielen dem letzten Todesmarsch zum Opfer, mit dem die SS am 18. Januar 1945 das Lager evakuierte, als die Rote Armee kurz vor dem KZ stand. Der weit überwiegende Teil waren Juden aus ganz Europa. Dazu kamen etwa 140.000 Polen, Zehntausende Sinti und Roma sowie Tausende politische Häftlinge.


Als die Rote Armee am 27. Januar im Lager eintraf, fand sie noch etwa 600 – 800 der rund tausend zurückgelassenen Häftlinge lebend vor, von denen noch 200 trotz medizinischer Versorgung in den nächsten Tagen an Entkräftung starben. Der weit größte Teil der Inhaftierten befand sich bei eisigen Temperaturen, teilweise starkem Schneefall und ohne angemessene Kleidung oder Proviant auf dem Weg nach Gleiwitz beziehungsweise Loslau, von wo aus sie dann in offene Güterwaggons gepfercht werden sollten. Den Marsch von bis zu 63 Kilometer zu Fuß überlebten viele der Opfer nicht.
 

Die Menschen die dieses Schicksal erlitten waren Menschen aus der Mitte unserer Gesellschaft, Nachbarn, Verwandte und Schulfreunde, die auch aus Wuppertal stammten und Freunde und Bekannte unserer Eltern und Großeltern waren. Auch von Ihnen finden sich Spuren in der Schulhistorischen Sammlung. Ihre Namen stehen auf Zeugnissen und in Schulakten, sie sind auf Klassenfotos zu sehen und haben Poesiealben hinterlassen. Diese Dokumente in Händen zu halten ist bewegend. Es sind Dokumente von Menschen mit Träumen und Hoffnungen, wie alle jungen Menschen sie teilen und in diesem Fall statt erfüllt zu werden, allzu oft ihr Ende in einem Konzentrationslager fanden. 
 

Noch bestürzender ist es die Dokumente zu sichten, die von den Tätern hinterlassen wurden. Treuebekundungen von Lehrern an das NS-Regime, pädagogische Werke, die das menschenverachtende Gedankengut widerspiegeln, Anleitungen für Kinder, um die eigene, arische Herkunft zu belegen … 
 

Es ist und bleibt unbegreiflich.


Immer wieder wird die Frage gestellt, warum diese Erinnerungskultur sein muss, ob es nicht langsam genug wäre. Wir denken, dass es nicht genug ist, solange diese Frage gestellt wird. Gerade in unserer heutigen Zeit ist es wichtig nicht zu vergessen, nicht wieder in ein „wir“ gegen „die“ zu verfallen. Ganz gleich welche Herkunft, welche Hautfarbe, welche Religion, welche sexuelle Orientierung*, welches Geschlecht wir haben, wir alle sind Menschen und das was uns verbindet ist mehr als das was uns trennt. Es stimmt, dass wir alle nichts für die Fehler unserer Eltern und Großeltern, ja nicht einmal für die Fehler unsere Brüder und Schwestern können, aber wir sind verantwortlich für das was wir selbst tun und damit dafür, dass was wir zulassen und was nicht.

Damit #NieWieder.
 
Melody Stach 


Edit. 05.02.2020: Da "mitgedacht" nicht "explizit genannt" ist, haben wir dies nun ergänzt. Weitere Infos zum Thema gibt es hier.

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