Mittwoch, 16. Oktober 2019

Auf in die Provenienzforschung!

 

Katalog zur Tagung über die Provenienzforschung in NRW im Goethemuseum Düsseldorf

 

Provenienzforschung – Was ist das eigentlich und warum ist sie so wichtig?

 

Wer uns auf Facebook und/oder Instagram folgt, hat es vielleicht schon mitbekommen: Wir vom Schulmuseum haben uns Provenienz-Forschung auf die Fahne geschrieben. Wem dieser Begriff schon einmal begegnet ist, denkt vermutlich zunächst an Raubkunst und Wiedergutmachung, doch betrifft die Frage nach der Provenienz längst nicht nur Kunstgenstände.

Und was ist das nun genau?


Zunächst ist Provenienz nichts anderes als die Geschichte eines Objekts. Diese gibt Auskunft über die Eigentumsverhältnisse, die Voreigentümer und darüber woher das Objekt stammt. Über diese Informationen lassen sich Enteignungen feststellen, aber auch neue Themen und Zugänge zur Vermittlung von Inhalten finden. Und das ist für alle interessant.

Mehr als nur eine Zusatzinfo 


Ein historisches Objekt ist ohne Kenntnis seiner Provenienz nicht mehr als ein Gegenstand, erst seine Geschichte gibt ihm eine Seele. Um ein Beispiel zu präsentieren: Eine historische Tabakdose, reich verziert und hübsch anzuschauen ist ohne die Kenntnis ihrer Provenienz eben nur eine Tabakdose. Weiß man aber, dass sich diese Tabakdose einst im Besitz des bedeutenden Pädagogen FriedrichWilhelm Dörpfeld befand, wird es spannend:
Dörpfeld entwickelte als erster ein Allgemein­bildungskonzept, in dem Gesellschaftskunde, Naturkunde und Religion vereint wurden und hinterließ eine Zahl geradezu moderner Werke der Pädagogik die sich ebenfalls bei uns im Museum befinden. Er ist derjenige, dem wir den noch heute in Grundschulen üblichen Sachunterricht und den Namen einer Schule in Wuppertal-Ronsdorf verdanken.
Doch trägt in Wuppertal noch eine weitere Schule den Namen Dörpfeld. Das Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium ist nach Friedrich Wilhelm Dörpfelds Sohn benannt. Dem Archäologen, der als der Begründer des modernen Grabungswesens gilt und der gemeinsam mit Heinrich Schliemann in Troja forschte. Somit führt einen die Geschichte einer einzelnen Tabakdose zur Geschichte zweier bedeutender Personen und zur Namensgebung zweier Schulen, womit man Stoff für eine ganze Ausstellung und eine mindestens einstündige Führung hat.

Die Tabakdose des Pädagogen FriedrichWilhelm Dörpfeld

 

Je alltäglicher der Gegenstand, desto schwieriger dessen Erforschung


Natürlich ist diese Tabakdose ein Glücksfall. Was im Bereich der Kunst zuweilen noch einfach ist (die Voreigentümer bekannter Kunstwerke lassen sich zumeist erfreulich gut recherchieren), stellt bei Alltagsgegenständen im Normalfall eher eine Herausforderung dar.
Den Besitzer eines alten Lederranzens ausfindig zu machen ist eine kaum lösbare Aufgabe, denn diese Lederranzen glichen sich stark und waren ebenso Zahlreich wie ihre Eigentümer. Einfacher ist es da unter Umständen mit Büchern oder anderen persönlichen Gegenständen, die mit dem Namen des Eigentümers beschriftet sind. Hierüber lässt sich relativ schnell herausfinden, wer der Eigentümer war und aus welchem sozialen Umfeld er stammte - was z.B. besonders schön bei Poesiealben zu sehen ist.

Wie wird vorgegangen, um die Provenienz zu klären?


Die Klärung der Provenienz verläuft zunächst in drei Schritten: Zuerst erfolgt eine Sortierung des Sammlungsbestandes, um eine Übersicht zu erhalten. Als zweiter Schritt folgt die Archivierung, bei der das Objekt eine Nummer und ein Datenblatt erhält, in dem alle bekannten Informationen festgehalten werden. Diese Informationen enthalten eine genaue Beschreibung, ein Bild und falls Vorhanden, die Information wie das Objekt in die Sammlung gelangte.
Bei einigen Objekten tritt hier schon die erste Schwierigkeit auf und die eigentliche Provenienzforschung beginnt. Das ist dann ein wenig wie eine Schnitzeljagt, die einen durch diverse Archive und Akten führt und mit den unterschiedlichsten Menschen in Kontakt treten lässt. Alle Mühe kann dabei aber nicht verhindern, dass manch eine Spur im Sand verläuft und einen zwingt neue Strategien zu entwickeln. Zuweilen helfen in solchen Fällen Zeitungsaufrufe, doch drängt bei vielen Objekten die Zeit, denn je älter das Objekt, umso geringer die Wahrscheinlichkeit, noch Personen zu finden, die sich erinnern können.

Was geschieht, wenn ein Objekt unrechtmäßig in die Sammlung gelangte?


In diesem Fall wird Kontakt zu den rechtmäßigen Eigentümern – oder sollten diese verstorben sein, zu deren Erben aufgenommen. Aber was passiert dann mit dem betreffenden Objekt?

Da gibt es viele Möglichkeiten. Die Entscheidung liegt dabei beim rechtmäßigen Eigentümer, dem es freisteht sein Eigentum zurückzufordern, es als Dauerleihgabe bei der Institution zu lassen, oder gar eine Schenkung vorzunehmen
Melody Stach

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